Adriana Stern Autorin

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Über mich

Über mich

Ich wurde 1960 am Niederrhein nahe der holländischen Grenze geboren. Mit 12 Jahren begann ich zu schreiben. Ich bin körperorientierte Gestalttherapeutin und Zirkuspädagogin und als Sozialarbeiterin in der Mädchenarbeit und der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen unterschiedlicher kultureller und religiöser Hintergründe tätig. Zudem bin ich Mitglied einer jüdischen Gemeinde und arbeite auch dort mit Kindern und Jugendlichen. Zum Beispiel bereite ich sie auf ihre Bar- bzw. Bat Mizwa vor, was so viel bedeutet wie die religiöse Volljährigkeit. Weiterhin habe ich in dem Zirkusprojekt "Knallo Bonboni", mit Flüchtlingskindern und in einem Kinderrechteprojekt gearbeitet. All diese Erfahrungen fließen in mein Schreiben ein.

An diesem kurzen Lebenslauf lässt sich natürlich nicht erahnen, wie ich zu der Person wurde, die ich heute bin. In den Zeilen wird nicht deutlich, was ich erlebt und erfahren habe und deshalb erklärt er nicht, warum ich Bücher, Essays, Lieder und Geschichten schreibe und dringende Anliegen habe. Für alle, die darüber mehr wissen wollen, erzähle ich also hier noch etwas ausführlicher über mich:

Ich kam als viertes von fünf Kindern zur Welt. Die Zeit vom ersten bis zu meinem dritten Geburtstag verbrachte ich im Krankenhaus, weil ich weder sitzen noch laufen konnte. Danach kam ich zurück in meine Familie. In einem reichen Bauerndorf aufzuwachsen war gar nicht so leicht, nicht nur weil ich nicht so flink war wie die anderen Kinder, sondern vor allem, weil wir von der Dorfgemeinschaft ausgeschlossen wurden. Die Eltern verboten ihren Kindern, mit mir und meinen Geschwistern zu spielen. Warum, verstand ich erst viel später. Damals machte es mich einfach nur traurig und wütend und ich beschloss, ganz schnell lesen zu lernen. Meine große Schwester brachte es mir bei, als ich vier Jahre alt war, und ab da tauchte ich in die Welt der Bücher ein, die bis heute wichtig für mich ist. Sollten die Erwachsenen mir doch verbieten, was sie wollten, zwischen den Buchseiten und in meiner Phantasie war ich frei! Ich las einfach alles, was mir zwischen die Finger kam, ganz egal, für welches Alter die Bücher bestimmt waren. Mit acht Jahren waren es die gesammelten Werke von Erich Kästner, Karl May und Enid Blyton, später die Bücher von Hesse, Borchert, Frisch, Zweig; Kafka und vielen weiteren Autoren, die es in der Stadtbibliothek auszuleihen gab. Meine Ausleihkarte war vom vielen Benutzen ganz abgewetzt. Für eigene Bücher hatten wir kein Geld.

In dieser Zeit bekam ich eine neue Mitschülerin, die ich auf Anhieb mochte. Sie hieß Marie, war ein Romamädchen und lebte in einer Wagenburg am Rande der Stadt. Ich mochte ihre Eltern und das Leben, das sie führten. Ich ließ meine Bücher Bücher sein und verbrachte so viel Zeit wie möglich bei meiner neuen Freundin. Meine Mutter verbot mir strengstens, Marie zu besuchen, aber das machte es für mich erst recht spannend. Nach einem halben Jahr musste Marie fortziehen, denn die Dorfbewohner hassten die Roma, die sie Zigeuner nannten, und jagten sie weg. Am liebsten wäre ich mitgegangen, denn Marie war meine allerbeste Freundin, und ich fühlte mich bei ihr und ihren Eltern viel wohler als bei mir zu Hause in dem Dorf.

Kurz darauf musste ich erneut ins Krankenhaus. Ich wurde mehrmals operiert, weil ich immer noch nicht so gut laufen konnte wie die anderen Kinder. Im Krankenhaus bestanden meine Abenteuer aus allem, was die Krankenschwestern uns Kindern verboten hatten. Dazu gehörten Rollstuhlrallyes, nächtliche Ausflüge, das Erkunden der Kellerräume, das Verlassen des Krankenhausgeländes und jede Menge Streiche, die wir den Erwachsenen spielten. Die langen Zeiten, die ich zwischendurch ans Bett gefesselt war, verbrachte ich mit dem Lesen weiterer spannender Bücher.

Als ich mit elf Jahren endlich entlassen wurde, gründeten vier Mädchen aus dem Dorf und ich eine Mädchenbande, von der niemand etwas wissen durfte, denn nach wie vor wollten die Eltern der Mädchen nicht, dass wir uns trafen. Genau darin bestand natürlich der Reiz für uns alle, und so wurden wir gegen den Willen der Erwachsenen gute Freundinnen. Mir machte es immer mehr Spaß, gegen die Erwachsenenwelt zu rebellieren und stolz sammelte ich meine heimlichen Erfolge. Wir verabredeten uns an ungewöhnlichen und verbotenen Orten. Zum Beispiel in alten baufälligen Ruinen, verlassenen Fabrikgebäuden oder leer stehenden Häusern.

Wir bestanden alle möglichen Mutproben, vor allem nachts, und lebten in einer wilden und fantastischen Abenteuerwelt, von der unsere Eltern nicht die leiseste Ahnung hatten - genau wie die vielen Helden aus den unzähligen Büchern, die ich verschlang, seit ich lesen gelernt hatte.

Mein Leben zu Hause sah anders aus. Ich wurde von Jahr zu Jahr schweigsamer, bis ich schließlich fast ganz verstummte. Der Alltag in meinem Elternhaus glich dem Gang über ein Minenfeld. In jeder Sekunde konnte eine Bombe hochgehen. Um mich vor den vielen unberechenbaren und für mich nicht vorhersehbaren Gewaltausbrüchen zu schützen war mein wichtigstes Ziel, für meine Mutter und meine großen Brüder möglichst unsichtbar zu sein. Dabei beobachtete ich ganz genau, was in meinem Elternhaus geschah. Doch meine Meinung behielt ich für mich. In meiner Familie gab es viele Geheimnisse, die ich nicht entschlüsseln konnte und die mir Angst machten. Und viele Tabus und Themen, über die ich nicht reden durfte. Mit zwölf Jahren fasste ich den Entschluss, von zu Hause wegzulaufen. Geduldig entwickelte ich einen sorgsam ausgetüftelten, geheimen Plan, der absolut perfekt sein sollte. Niemand aus der Familie durfte mich finden und ich musste mir gleichzeitig eine Möglichkeit schaffen, ohne finanzielle Mittel von zu Hause zu überleben. Dazu brauchte ich ewig. Mit fünfzehn war er endlich fertig, und ich riss aus. Mein Plan funktionierte in der Tat ausgezeichnet. Ich bin nie in mein Elternhaus zurückgekehrt.

Es hat noch ein weiteres Jahr gedauert, bis mir klar wurde, dass eines der Familiengeheimisse und Tabus darin lag, dass ein Teil meiner Familie jüdisch ist. Dass hatten mir meine Großmutter und ihre Schwester in meiner Kindheit nur unter dem Siegel strengster Verschwiegenheit angedeutet und ich begriff die Zusammenhänge und die damalige Ablehnung der Dorfbewohner erst und das vor allem durch das Lesen des Tagebuches der Anne Frank.

Mit sechzehn Jahren kam ich in ein Internat, aus dem ich ein Jahr später auch wieder ausriss. Und irgendwann hörte ich dann auch auf, mich zu wundern, dass ich immer gerade diejenigen Jugendlichen am meisten mochte, die von den anderen in der Schule ausgegrenzt wurden. Ihnen wie mir gegenüber gab es zu viele Vorurteile. Meine wenigen engen Freunde kamen aus dem Heim, die meisten waren Juden, Afrodeutsche, Migranten oder Roma wie Marie. In dieser Zeit begann meine bewusste Auseinandersetzung mit dem "Anderssein". Sie ist bis heute eine wichtige Antriebsfeder für mein Schreiben.

Als ich mit zwölf Jahren beschloss, einen Fluchtplan auszuarbeiten, begann ich gleichzeitig Kurzgeschichten, Märchen und Gedichte zu schreiben, in denen ich verschlüsselt von der Gewalt zu Hause berichtete. Die Texte nahm ich mit, als ich weglief, zeigte sie aber niemandem. Ich machte stattdessen mein Abitur, schloss zuerst eine Ausbildung zur Sozialpädagogin ab, bekam ein Kind, wurde danach körperorientierte Gestalttherapeutin und später Zirkuspädagogin. Ich lebte in vielen verschiedenen Städten und eine lange Zeit in besetzten Häusern und verschiedenen Wohngemeinschaften und Wohnprojekten.

Mit dem Schreiben habe ich nie aufgehört. Ich schreibe bis heute über all die Themen, die mich beschäftigten und zu denen ich keine Bücher finde. Die ersten Texte von mir erschienen 1993 unter einem Pseudonym. Heute bin ich Mutter eines Sohnes, Schriftstellerin, Liedermacherin, habe als Sozialarbeiterin in verschiedenen Mädchenhäusern und Jugendzentren gearbeitet und biete als Beraterin in poetischer Selbstanalyse Schreibwerkstätten an. Mein Leben in unterschiedlichen Welten fließt in mein Schreiben ein. Ich erzähle von Wirklichkeiten, die hierzulande noch immer um ihr Existenzrecht kämpfen.

Alle meine Veröffentlichungen und Projekte finden sich auf dieser Website.

(siehe "Meine Bücher").


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